Gott sei Dank
Festpredigt zur Feier der Betriebsjubiläen im Bathildisheim
Danke sagen ist eine Möglichkeit, Wertschätzung auszudrücken. Es ist eine Führungsaufgabe und relevant für die Organisationskultur. Über die "Resonanzachsen der Dankbarkeit" und ihre Bedeutung für soziale Organisationen habe ich jüngst nachgedacht. Der Essay ist auf meiner Website verfügbar (Resonanzachsen der Dankbarkeit, Essay). Nun hatte ich Gelegenheit, die Reflexion in die Tat umzusetzen. Die Feier der Betriebsjubiläen im Bathildisheim habe ich genutzt, um einerseits über Dankbarkeit zu predigen und zugleich den Dank der Organisation und meinen persönlichen Dank für eine engagierte und treue Mitarbeit auszusprechen.
Im Folgenden kann meine Predigt, die ich am 29. September 2025 gehalten habe, nachgelesen werden.
Zehn, fünfzehn, zwanzig, fünfundzwanzig und dreißig Jahre – das klingt auf den ersten Blick nur nach Zahlen und Urkunden. Doch dahinter steckt unendlich viel mehr: Es sind Jahre voller Begegnungen, voller Geschichten und Erfahrungen. Jahre, in denen Neues begann, in denen Unsicherheit und Neugier sich die Hand gaben. Jahre, in denen Schwieriges durchgestanden und Schönes miteinander geteilt wurde. Jahre voller Geduld, Mut – und nicht zu vergessen: voller Humor.
Wenn wir heute zurückschauen, dann erinnern wir uns nicht nur an Arbeitspläne, Sitzungen und Aufgabenlisten. Wir sehen die unzähligen kleinen Gesten, die vielleicht unauffällig waren – aber große Wirkung hatten. Ein aufmunternder Blick, ein gemeinsames Lachen, ein ermutigendes Wort. Sie alle sind Teil der Geschichte, die wir heute feiern. Und das Wort, das darübersteht, lautet: Dankbarkeit.
Dankbarkeit, dieses Wort klingt manchmal, als sei es aus einer anderen Zeit. Als gehörte es eher in ein Poesiealbum als in die Sprache der modernen Arbeitswelt. Aber gerade dieses scheinbar altmodische Wort ist aktueller denn je. Denn Dankbarkeit ist keine Dekoration und keine sentimentale Geste. Sie ist eine Haltung, die Vertrauen schafft, die uns resilient macht und die wir brauchen, um in einer immer schnelleren, komplexeren Welt nicht hart oder bitter zu werden.
Dietrich Bonhoeffer formulierte im Gefängnis: „Dankbarkeit verwandelt Erinnerung in eine stille Freude.“ Heute, an diesem Jubiläumstag, dürfen wir genau das erleben: Erinnerung, die nicht nur zurückschaut, sondern auch Licht in die Gegenwart wirft.
Das Herzstück Ihrer Arbeit im Bathildisheim ist der Mensch. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf ihrem Weg. Sie hören zu, stärken, ermutigen und tragen mit – manchmal sichtbar, oft im Stillen. Dabei geschieht etwas Besonderes: Aus dem, was Sie geben, wird zugleich etwas zurückgeschenkt. Dankbarkeit zeigt sich in Beziehungen. Ein Blick, ein spontanes „Danke“, ein kleiner Fortschritt, der plötzlich groß wird – solche Augenblicke erzählen mehr über den Sinn in unserem Tun, als es viele Worte je könnten.
Dankbarkeit richtet den Blick auch über uns hinaus. Sie erinnert uns daran, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind – eingebunden in die Schöpfung, auf die wir angewiesen sind. Die Natur kennt den Rhythmus von Säen und Ernten, von Wachsen und Ruhen. Auch unsere Lebens- und Arbeitsjahre tragen diesen Rhythmus in sich. Jedes Jubiläum ist wie eine Ernte: Es zeigt, dass Treue, Hingabe und Vertrauen Früchte tragen – nicht nur für die Organisation, sondern vor allem für die Menschen, die wir miteinander begleiten.
Und schließlich führt die Dankbarkeit nach oben, zu Gott. Denn wir können vieles planen, viel gestalten, aber wir wissen auch: Manches bleibt ein Geschenk. Der Prophet Jesaja sagt: Gott finden wir dort, wo Menschen ihr Brot teilen und wo Herzen geöffnet werden. Gerade die Arbeit im Bathildisheim ist voll solcher stillen Gottesbegegnungen – mitten im Alltag, ohne Pomp, aber mit Tiefe. Da, wo Nähe spürbar wird, wo Zuwendung geschieht, wo jemand sagen kann: „Es ist gut, dass du da bist“, da ereignet sich Gottes Nähe.
In einer Gesellschaft, in der oft Misstrauen und Vergleiche überwiegen, ist Dankbarkeit wie ein leiser, aber kraftvoller Widerstand. Sie macht uns frei vom ständigen Drang nach „mehr“ und lässt uns erkennen, wie viel schon da ist. Die Bibel nennt dankbare Menschen „Reparateure von Rissen“. Auch Sie, liebe Jubilarinnen und Jubilare, sind solche „Reparaturkräfte“. Durch Ihr Wirken fügen Sie das zusammen, was leicht auseinanderdriftet: Vertrauen, Zusammenhalt, Hoffnung.
Darum darf heute ein großes und klares Wort ausgesprochen werden: Danke. Danke für Ihre Ausdauer, Ihren Einsatz, Ihre Menschlichkeit. Danke für 10, 15, 20, 25 oder 30 Jahre Treue zum Bathildisheim – Jahre, die Spuren hinterlassen haben: in den Menschen, mit denen Sie arbeiten, und in der Gemeinschaft, die wir miteinander bilden.
Und ich wünsche Ihnen: Möge die Dankbarkeit nicht nur Rückblick bleiben, sondern auch Ihr Wegbegleiter in die Zukunft sein. Denn Dankbarkeit schenkt neue Kraft. Sie verwandelt Erinnerung in Freude, und sie öffnet den Blick für das, was vor uns liegt.
So können wir am Ende einstimmen in einen alten, einfachen Satz: Gott sei Dank.